Zum Inhalt springen

Lernen Sie Engelisch! 

KI im Alltag – und unsere engelsgleiche Geduld

„Lernen Sie Engelisch“ schlug mir Facebook dieser Tage vor. Überflüssig, dachte ich mir – für die Kommunikation mit Engeln hat bisher mein Latinum gereicht.

Zugegebenermaßen auch, weil ich bisher noch keinem Engel begegnet bin. „Das ist bestimmt ein eye catcher und siehst Du – du hast Dir die Werbung gemerkt!“, erklärt mir Warren. Nun, ja. Aber ganz ehrlich – warum sollte ich mein Englisch bei einem Unternehmen aufbessern wollen, das so wenig Wert auf sprachliche Korrektheit legt? 

Nicht weniger erstaunt lässt mich der Internetauftritt eines ehemaligen Professors zurück, der beständig mittels der KI Folien oder Grafiken erstellen lässt, die eine von ihm entwickelte Lehrmethode über den grünen Klee lobt – leider gespickt mit Rechtschreibfehlern. „Das sind die Kinderschuhe“, erklärt er darauf angesprochen. So geht heute Pädagogik?

Gleichzeitig findet auf Facebook kaum noch eine inhaltliche Auseinandersetzung statt, weil jede Diskussion durch ein „Lern doch erst mal Deutsch“ im Kern erstickt wird. Unseren Kindern – oft mit dem Handy in der Hand groß geworden – werden in der Schule Punkte nicht für ihre Gedanken, sondern für ihre Rechtschreibung verteilt. Es gibt sie also sehr wohl noch – die Forderung nach Qualität nicht nur der Inhalte, sondern auch der äußeren Form. 


Screenshot: https://www.boredpanda.com/translation-fails/, aufgenommen am 10. Juli 2025

Werkzeug oder Selbstzweck? 

Wo soll denn nun die Reise hingehen? Die KI kann viel und ist eine Revolution – vergleichbar mit der Erfindung des Buchdrucks. Sie ist eine Ressource, die in vielen Bereichen eine Demokratisierung erwirkt: Infografiken erstellen, Texte verfassen, Bilder verbessern. Die Zeiten, in denen nur Experten mit entsprechenden Programmen dazu in der Lage waren, sind vorbei. In Rekordzeit ist heute jede Hausaufgabe quasi druckreif – oder könnte es zumindest sein.  

Aber nutzen wir diese Chance sinnvoll? Der Trend geht in die Richtung Quantität statt Qualität. Das Internet wird geflutet mit Texten, Bildern, Memes und Grafiken, die sich beständig nur selbst reproduzieren und qualitativ in vielerlei Hinsicht minderwertig sind. Kinderschuhe? Wohl kaum. Denn in dieser Denke offenbart sich bereits der Fehler: Nämlich, dass die KI so lange verbessert werden muss, bis sie exzellente Ergebnisse liefert. Der Wert oder die Fähigkeiten der Person an der Tastatur wird damit zu einer vernachlässigbaren Größe. Die KI ist dann nicht mehr nur ein Werkzeug, sondern Selbstzweck. Hätte ich in meiner Karriere als Redakteurin solche Arbeit abgeliefert, hätte niemand „Das sind halt Kinderschuhe“ gesagt, sondern mich schlicht und ergreifend vor die Tür gesetzt. Es hätte mich auch nicht gerettet, wenn ich die Arbeit besonders schnell abgeliefert hätte. Warum lassen wir es der KI durchgehen? 

Lieber Möglichkeiten nutzen, als Chancen verpassen

Die KI ist ein echter Tausendsassa. Sie kann unter anderem die Geschwindigkeit oder die Qualität verbessern und das Spektrum der Möglichkeiten erweitern: 

  • Ein befreundeter Anwalt lässt die KI Schriftsätze erstellen. Statt einer Stunde schreiben, muss er nur noch 15 Minuten überprüfen, ob es die Urteile und Paragrafen, die zitiert werden, tatsächlich gibt. Eine echte Zeitersparnis. Im Raum bleibt die Frage, wer von dieser Zeitersparnis profitiert – der Klient? Die Freizeit? Der Geldbeutel? 
  • Ich lasse meine Texte von der KI prüfen, wenn sie fertig sind: Tippfehler, Formulierungen, logischer Aufbau – es gibt immer etwas zu verbessern. In Geld oder Freizeit spiegelt sich das nicht wider, aber sicherlich verbessert es meine Reputation. 
  • Warren liebt es, Bilder oder Infografiken erstellen zu lassen – so vermeidet er Hassel mit Urheberrechten und bekommt ziemlich genau das, was er sich vorstellt. Er profitiert von der Zeitersparnis, seine Leser:innen von anschaulich und ansprechend gestalteten Inhalten. 


Screenshot: https://www.boredpanda.com/translation-fails/, aufgenommen am 10. Juli 2025

Für mich ist die KI auch ein wertvoller Wegweiser für Inhalte. Sie fungiert für mich als red flag: Eindeutig von der KI verfasste Texte, reproduzierte Inhalte und die typischen Rechtschreibfehler in Grafiken zeigen mir deutlich: Finger weg! Hier finde ich keine qualitativ hochwertigen Inhalte und kann mich auf Informationen nicht verlassen! 

Nicht, weil die KI keine klugen und exzellenten Beiträge liefern kann, sondern weil sie nur so gut und gründlich sein kann, wie die Person, die sie verwendet.